Familienforscher sprechen vom Phänomen des „Maternal Gatekeeping“, wenn aus einer Mutter eine „Übermutter“ wird, die glaubt, alleine zu wissen, was das Beste für ihr Kind ist. Oftmals verwehrt sie in ihrer Fürsorge dem Vater des Kindes sogar regelrecht den Zugang zum gemeinsamen Kind.

Dabei handelt es sich um ein Erziehungsmuster, das fast schon paradox anmutet: Mütter wünschen sich einerseits mehr Beteiligung ihres Partners bei der Kindererziehung , andererseits fällt es ihnen schwer zu akzeptieren, dass Männer einen eigenen Zugang zu ihrer Vaterrolle haben – und dieser deckt sich nicht zwingend mit den Vorstellungen und Erwartungen der Mutter. Es dauert nicht lange, bis Konflikte entstehen. Sie schleichen sich nahezu unbemerkt ein und reichen von kleinen Alltagssticheleien seitens der Mutter („So kannst du das Kind aber wirklich nicht in den Kindergarten schicken“ oder „Du hältst das Baby falsch“) bis zu anstrengenden Grundsatzdiskussionen. Das Einzige was Mann und Frau in dieser Situationen noch verbindet: beiden ist nicht bewusst, dass sie geradewegs in die „Maternal Gatekeeping“-Falle getappt sind.

“Türsteherinnen” sind überzeugt, dass nur sie die Bedürfnisse des Kindes stillen können

Wörtlich übersetzt bedeutet „Maternal Gatekeeping“ so viel wie „mütterliches Türstehen“. Psychologische Studien zeigen, dass etwa 20 – 25% aller Mütter, die mit dem Vater ihres Kindes zusammen leben, davon betroffen sind. Wie bullige Türsteherinnen stellen sie sich vermeintlich schützend zwischen Vater und Kind. Sie reduzieren den väterlichen Einfluss in Erziehungsfragen sowie im Alltag auf ein Minimum oder verwehren dem Vater gänzlich den Zugang zum Nachwuchs. In der Praxis zeigt sich dies meist in Form eines ausgeprägten Kontrollverhaltens. Mütter bestimmen wie der Vater seine Rolle zu gestalten hat, sie machen klare Vorschriften für den Umgang mit den Kindern und überprüfen deren Einhaltung. „Türsteherinnen“ sind davon überzeugt, dass einzig und alleine sie in der Lage sind, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und entsprechend zu stillen (und dies weit über die tatsächliche Zeit des Stillens hinaus). Dementsprechend fällt es ihnen schwer, im symbiotischen Verhältnis zwischen Mutter und Kind auch noch Platz für eine weitere wichtige Bezugsperson, den Papa, zu lassen. Das würde nämlich ein „Loslassen“ erfordern. Mütter müssten dann andere Zugänge im gelebten Erziehungsalltag akzeptieren und einsehen, dass für die Kinder daraus kein Nachteil entsteht – ganz im Gegenteil.

Es folgt ein unbewusster Machtkampf

„Maternal Gatekeeping“ wird dadurch häufig zum unbewussten Machtkampf, der sich lediglich um die Frage dreht, wer wie viel Einfluss auf das Kind haben darf. Experten gehen davon aus, dass es „mütterlichen Türsteherinnen“ im Grunde genommen an Selbstbewusstsein mangelt. Das aufopfernde Ausleben der Mutterrolle wirkt für sie identitätsstiftend, daher sehen sie sich täglich aufs Neue gezwungen, ihre Rolle zu verteidigen – und dies im Speziellen dem Kindsvater gegenüber.