In den frühen Tagen der Paket Post waren die Menschen neugierig: Was könnte man denn so alles verschicken? Und wie kommt es an? Manche Eltern sahen in dem neuen Versandweg eine interessante Möglichkeit, ihre Kinder zu versenden.

Eine Innovation des 20. Jahrhunderts, die heute gerne übersehen wird, war die Entscheidung der Post auch große Pakete zu verschicken, nicht bloß Briefe zu transportieren. Damit übernahm die Post die Aufgabe vieler kleiner Transport Firmen und eröffnete einen neuen Handels- und Kommunikationsweg. Die etwas eigenartige Konsequenz dieser Entscheidung: Eltern begannen plötzlich, ihre Kinder per Post zu verschicken.

“Es gab einige Schlagzeile darüber, wahrscheinlich weil die Kinder in den Rucksäcken einfach so süß aussahen”, verrät die Historikerin des United States Postal Service in einem Interview mit dem Online Magazin Smithsonian.com.

© Smithsonian Institution/flickr.com

Nur wenige Wochen nachdem der Paket Versand gestartet hatte, verschickte ein Pärchen namens Jesse und Mathilda Beagle ihren damals 8 Monate alten Sohn James per Post an die Großmutter, die nur wenige Kilometer entfernt lebte.  Laut Lynch war Baby James damals mit seinen knapp 5 Kilo ein “leichtes Päckchen”, der Versand kostete die Eltern damals nur 15 Cent. Dabei versicherten sie ihn noch um 50 Cent zusätzlich. Die skurrile Geschichte machte schnell die Runde und über die Jahre tauchten immer wieder Geschichten über die Post-Kinder auf.

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Einer berühmtesten Fälle von Post-Kindern ist der eines vierjährigen Mädchens namens Charlotte May Pierstorff. Sie wurde nicht nur ins Nachbardorf verschickt, sondern als Fernpaket aufgegeben. Das kleine Mädchen wurde 1914 per Zug in eine 120km entfernte Stadt zu ihren Großeltern geschickt. Die Geschichte wurde so bekannt, dass sogar ein Kinderbuch mit dem Namen “Mailing May” (“wir verschicken May”) über sie geschrieben wurde.

A Sack of Male. Vintage Images/Getty Images (Symbolbild)

Weshalb kommt man auf solch eine skurrile Idee? “Der Postversand war viel billiger als ein Zugticket!”, erklärt Lynch.

Die kleine May wurde allerdings nicht, wie man sich das jetzt vorstellt, in einen Sack mit den anderen Pakete gepackt, sondern wurde auf dem Trip von dem Cousin ihrer Mutter begleitet, der bei der Post arbeitete. Sonst wäre die “Versandart” wohl auch nicht erlaubt gewesen.

Die meisten Kindern, die per Post verschickt wurden, wurden also lediglich von Beamten, die Verwandte oder Freunde der Eltern waren, von A nach B gebracht. Die Kinder “rutschten” als Pakete an den Autoritäten vorbei. Offiziell würde der Versand von Kindern per Post schon 1913 verboten. Allerdings gibt es hier in der Geschichte Ungereimtheiten. “Die einzigen Tiere, die per Post verschickt werden durften, waren Bienen und Käfer. Im Fall von Charlotte May Pierstorff wurde das Mädchen anscheinend als Huhn verschickt, dabei war der Versand von Hühner bis 1918 ebenfalls nicht erlaubt.”

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Der letzte bekannte Fall eines verschickten Kindes ist der eines 3 jährigen Mädchens. In der Zeitung wurde berichtet, das kleine Mädchen wäre vorne beim Postbeamten am Wagen gesessen, hätte ein Versandschild auf das Kleid genäht gehabt und hätte glücklich an ihren Süßigkeiten genascht. Sie ist gut bei ihren Verwandten angekommen.

“Postboten waren sehr vertrauenswürdige Menschen, sie genossen viel Respekt und ein hohes Ansehen.”, schließt Lynch, “Sie haben sich gut um die Kinder gekümmert, auch wenn sie krank waren. Auch heute sind Postboten und -botinnen manchmal Lebensretter. Einfach, weil sie in manchen Fällen die einzigen Personen sind, die abgelegene Häuser und Ortschaften beinahe täglich aufsuchen und so im Notfall schnell Hilfe holen können.”

Naja … Gott sei Dank gibt es heute andere Mittel und Wege, Kinder zu Verwandten zu bringen, als ihnen einen Versandaufkleber an die Kleidung zu pappen und bei der Post abzugeben 😉