Hollywoodstar Brooke Shields sprach öffentlich über die eigenen Wochenbettdepressionen. Viele andere Mütter schweigen – oft aus Scham. Die Erkrankung wird aber auch längst nicht immer erkannt. Dabei kann sie gut behandelt werden.

“Die Ausbildung und das Wissen um diese Symptomatik und diese Erkrankung sind nicht so gut, wie sie sein sollten”, sagt der Direktor der Klinik für Psychiatrie der Frankfurter Universität, Prof. Andreas Reif.

Aus enormen Scham- und Schuldgefühlen teilten allerdings auch viele Frauen ihre Depression nicht mit. “Sie schreiben sich häufig selber zu, sie hätten versagt und seien keine gute Mutter“, so Reif. “Es ist kein Versagen, da kann niemand was dafür.” Und die Krankheit könne gut behandelt werden.

Die auch “Heultage” genannte Verstimmung tritt in der Regel in der ersten Woche nach der Geburt auf, oft noch im Krankenhaus, ist hormonell begründet und muss in der Regel nicht behandelt werden, erklärt Psychologin Silvia Oddo-Sommerfeld. Doch leiden manche Frauen an regelrechten Depressionen nach der Geburt. Dies wird jedoch längst nicht immer diagnostiziert.

Ein höheres Risiko zu erkranken haben nach Einschätzung der Fachleute Frauen, die schon einmal unter Stimmungserkrankungen gelitten haben oder in der Schwangerschaft ängstlich und depressiv waren. Auch Depressionen in der Familiekönnen ein Faktor sein. Es ist gar nicht mal so selten, dass sich eine psychische Erkrankung das erste Mal im Wochenbett demaskiert.

Der soziale Rückhalt der Mutter spielt nach Einschätzung von Oddo-Sommerfeld ebenfalls eine Rolle. “Vor allem, wenn der Partner die Frau nicht unterstützt, ist das Risiko etwas höher.” Reif betont dagegen: “Klassische postpartale Depressionenfinden sich auch bei Frauen, die in einem perfekten Umfeld leben, wo der Partner voll dahinter steht, sich alle freuen und die Geburt glatt ging.”

Neuere Studien zeigen, dass bestimmte Persönlichkeitsfacetten der Mutter ein Risikofaktor sein können, in der Regel sind das sehr autonome, gewissenhafte und perfektionistische Frauen. Es fällt ihnen häufig schwer, mit einem Kind nicht mehr alles selbstbestimmt kontrollieren zu können. Oddo-Sommerfeld, die seit zehn Jahren mit betroffenen Müttern arbeitet, hat zudem die Erfahrung gemacht, dass es eher Frauen aus höheren Bildungsschichten trifft.

ANZEICHEN FÜR EINE POSTPARTALE DEPRESSION

Der Baby-Blues und Wochenbettdepressionen äußern sich zunächst durch:

– generelle erhöhte Empfindlichkeit
– Stimmungsschwankungen
– erhöhte Reizbarkeit
– Niedergeschlagenheit
– das Gefühl von Schuld und Versagen
– Konzentrations- und Schlafstörungen
– Appetitlosigkeit
– Schlappheit

Wichtig ist es, bei solchen Symptomen einen Arzt aufzusuchen und darüber zu sprechen.