Mit verschränkten Ärmchen stand mein Zweijähriger vor mir, der armen Mama und brüllte: „Jetzt reicht’s aber bei mir!“ Als Draufgabe knallte er mir dann noch eine. Bumm, das saß doppelt – ich hatte einen erzieherischen Tiefpunkt erreicht. Nein, bei uns wird nicht geschlagen oder angepackt – darum war ich ganz schön schockiert. Alles nur, weil ich versuchte, den Großen zum Anziehen zu bewegen, der aber querlag. Da zog er vom großen Bruder ab und stellte sich auch noch gegen mich.  “Herr Gott, das muss doch klappen mit fünf Jahren – selbständig die Jacke anziehen, in die Schuhe rein”, dachte ich. Aber mein Großer war dafür, dass er dagegen war, gegen alles – aus Prinzip, von selbst ging einfach gar nichts.

Partout dagegen

Hilflos fühlte ich mich anfangs, genervt von den ständigen Diskussionen, wenn es morgens schnell gehen musste – und irgendwann war ich auch wütend. Nach Wochen des Kräftemessens wurde ich dann auch lauter. Der Kleinste begann dann plötzlich mitzumischen. Nur er durfte seinen Bruder schief anquatschen, also bekam ich dauernd eine geballert, wenn ich mal wieder ermahnte. Und plötzlich kam ich mir wie das Feindbild meiner Kinder vor.

Ich hatte schon dauernd Bauchweh, mir graute vorm nächsten Morgen. Laut wurde ich nur, wenn alle durcheinander meckerten und schrien, damit mich jemand hört – das fand ich gerechtfertigt. Hinterher blieb aber das Gefühl, nichts unter Kontrolle zu haben. Keine Ahnung, wie ich da rauskommen sollte. Also begab ich mich auf die Suche nach Antworten und stieß zufällig auf den Erfahrungsbericht der vierfach Mutter Sheila McCraith. Nachdem sie regelmäßig verbal ausrastete, startete sie ein interessantes Projekt. Bei „The Orange Rhino Challange“ wollte sie 365 Tage nicht schreien. Sollte sie doch laut werden, startet die Zeitrechnung von vorne. Im Blog erzählt sie, was passierte bzw. hat sie auch selbst ein Buch darüber geschrieben.

In der Ruhe liegt die Kraft

Nach kurzem Überfliegen ihrer Erfahrungen fand ich die entscheidenden Zeilen. Die Vierfach-Mutter berichtet über die positive Wende, die aus ihrem Versuch hervorging. Vor allem aber auch darüber, dass ihre Kinder das Nicht-Schreien selbst zum Vorbild nahmen und cooler wurden. Klingt alles sehr logisch. Der Startschuss fiel, ich begann, nicht mehr laut zu werden. Das Nörgeln hab ich mir obendrein verboten, sowie jegliche Gereiztheit (ernsthaft) – es war wunderbar! Die Trotzanfälle meiner beiden wurden binnen Kürze beträchtlich milder – beinahe harmlos. Es gab viel weniger Gezanke untereinander und mein Kleiner hörte auf, Schläge auszuteilen. Herrlich, es kehrte wieder Ruhe ein.

Heute lasse ich mich nicht mehr so schnell in die Schimpf-Ecke drängen, auch wenn die Jungs mal wieder wissen wollen, wann und wo bei mir endgültig Schluss ist. Dieses Spielchen wird ihnen im Grunde schnell langweilig, wenn Mama einen kühlen Kopf bewahrt und keine nennenswerte Reaktion auf ihren übertriebenen Trotz erfolgt.