Eine Geburt geht vorüber, die Erinnerungen daran bleiben. Fast jede Frau wünscht sich eine schnelle, unkomplizierte Geburt – aber nicht alle bekommen sie. Eine Hebamme erklärt, was werdende Mütter dennoch dafür tun können.

Eine Geburt ist ein unvergessliches, einschneidendes Erlebnis: Kein Wunder, dass viele Frauen den Ablauf auch nach Jahrzehnten noch aus dem Effeff erzählen können. Nicht alle Mütter haben an die Stunden im Kreißsaal oder Geburtshaus aber gute Erinnerungen. Jana Friedrich arbeitet seit fast 20 Jahren in Berlin als Hebamme. Sie hat ein Buch darüber geschrieben, wie eine gute Geburt gelingen kann – und was dem entgegensteht.

Frage: Sind Frauen Ihrer Erfahrung nach heute eher über- oder unterinformiert, was die Geburt angeht?

Antwort: Beides. Es gibt diejenigen, die sehr viel lesen und sich damit beschäftigen. Und dann gibt es diejenigen, die ein bisschen informiert sind, die eigentliche Geburt aus Angst aber verdrängen – so nach dem Motto: “Das haben andere vor mir ja auch schon geschafft.” Meiner Erfahrung nach sind es oft Letztere, bei denen die Geburt dann nicht wie gewünscht abläuft. Was natürlich doppelt frustrierend ist, denn eigentlich haben sie sich ja informiert. Aber von dem, was dann während der Geburt passiert, werden sie überrollt. Wobei es natürlich so ist, dass bei jeder Geburt unvorhergesehene Dinge passieren können.

Frage: In letzter Zeit geht es viel um die natürliche Geburt, Frauen haben Selbstzweifel, wenn ihr Kind per Kaiserschnitt auf die Welt kommt. Gibt es den Druck, eine perfekte Geburt zu erleben?

Antwort: Zuerst einmal: Was für die einen eine schöne Geburt ist, wäre es für jemanden anderen vielleicht nicht. Da gibt es große Unterschiede. Wichtig wäre, dass sich die Frauen einmal Gedanken darüber machen, was sie sich wünschen und was möglichst nicht – Stichwort Geburtsplan. Aber gleichzeitig ist es wichtig, dass sie dann auch wieder lockerlassen können und im Hinterkopf behalten: Es kann auch alles anders kommen.

Frage: Welche Rolle spielt der Partner bei dem Ganzen?

Antwort: Eine unglaublich wichtige. Der Partner kann für die Frau sprechen, zwischen ihr und dem Klinikpersonal übersetzen. Deshalb ist es so wichtig, dass die Frau ihrem Partner genau sagt, was sie möchte und was nicht. Männer, die sich hilflos fühlen, neigen eher dazu, irgendwann aggressiv zu werden und zu Hebamme oder Arzt zu sagen: “Meine Frau leidet hier so, jetzt machen Sie doch was.” Und das hat natürlich direkte Auswirkungen auf die Gebärende selbst, die dann denkt: “Oh, vielleicht stimmt wirklich was nicht.”

Eine Geburt gemeinsam durchgestanden zu haben, ist außerdem wahnsinnig verbindend und stärkend. Es ist eine Grenzerfahrung, die Paare durch die ersten Babymonate trägt.

Frage: Und wenn mein Partner nicht dabei sein will?

Antwort: Dann kann man ihn auch nicht zwingen. Frauen können sich während der Geburt nicht entspannen, wenn sie das Gefühl haben, sie müssen auch noch auf ihren Partner aufpassen. Dann ist es mir lieber, sie bringen eine Freundin, Schwester oder Mutter mit.

Frage: Obwohl es noch nie so viele Informationen wie heute gab, fällt es anscheinend vielen Frauen schwer, ihrem Körper zu vertrauen, dass er die Geburt schon meistern wird. Wie kommt das?

Antwort: Das fängt ja schon in der Schwangerschaft an. Früher waren die Frauen “guter Hoffnung”, heute wird gemessen und gescreent. Und je genauer man schaut, umso mehr findet man natürlich auch. Das müssen keine schlimmen Dinge sein, verunsichern aber. Viele Frauen stehen deshalb emotional auf der Bremse, trauen gar nicht, sich über ihren Bauch zu freuen. Wenn die ganze Schwangerschaft so angstbehaftet ist, macht es das natürlich schwer, am Tag der Geburt den Schalter umzulegen und zu denken: Ich schaffe das.

Quelle: APA