Sie kämpfen gegen Handy und Co. für die Aufmerksamkeit ihrer Enkel. Was ihnen früher als richtig und wertvoll verkauft wurde, ist heute nicht nur nicht mehr richtig, sondern mancherorts regelrecht verpönt. Sie stehen teilweise noch mitten im Berufsleben und versuchen trotzdem nebenbei ihren Kindern und Enkelkindern gerecht zu werden. Sie wollen im Alter endlich einmal ihre Ruhe haben, sich um sich selbst kümmern und ihren Hobbys nachgehen. Sie sind die Eltern von gestern.
Sie sind liebevoll, bemüht, rechthaberisch, bemutternd, einengend, überschwänglich, liebevoll und auch manchmal etwas seltsam.
Es gibt sie in allen Farben, Formen und Facetten…Großeltern.

In meiner Arbeit als Familienbegleiterin habe ich Mütter erlebt deren Schwiegermütter sie mit verletzenden Worten regelmäßig zum Weinen brachten. Ich habe Paare erlebt die ohne die Unterstützung ihrer Eltern bei der Betreuung der Kinder nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten hätten können. Und ich habe sehr viele Väter und Mütter erlebt die meilenweit entfernt von ihren Ursprungsfamilien lebten und somit keinerlei Hilfe von ihren eigenen Eltern erwarten konnten.

Ich dachte, ich kenne meine Eltern. Sie waren die ersten Menschen die ich überhaupt kennen lernte. Und doch entdecke ich nach wie vor immer wieder neue Seiten an ihnen. Vor zweieinhalb Jahren haben meine Schwester und mein Schwager sie zu Opa und Oma gemacht, ein Titel auf den sie lange gewartet haben und nun sehr stolz sind. Vor einem Jahr kam dann Enkelin Nummer 2, unsere Tochter. Und obwohl wir alle doch die Alten geblieben sind, ist keiner von uns mehr so wie noch vor 3 Jahren. Vor allem der Blick meiner Schwester und mir auf unsere Kindheit hat sich verändert seit wir selbst Mütter sind.
Es gab Zeiten in denen wir hinterfragten warum meine Eltern so oder ganz anders auf dies oder jenes reagiert haben. Wir, so dachten wir, würden es mit unseren Kindern gaaaanz anders machen.
Hm…tja…und da stehen wir nun, heute rund 10 Jahre später, und schämen uns für unsere Naivität von gestern. Klar, wir machen vieles anders als meine Eltern es damals gemacht haben. Die Zeiten haben sich geändert, wir haben uns geändert. Aber trotzdem, wir können nun so gut verstehen wie es ihnen damals mit zwei so kleinen Kröten wie uns gegangen sein muss. Wir waren die meiste Zeit über natürlich Engel, genau wie unsere Töchter jetzt (…haha…). Doch es gab sicherlich auch schlaflose Nächte, Wutanfälle und „Ichwillaber-Anfälle“ am laufenden Band genau wie in jeder anderen Familie.
Was ich meinen Eltern hoch anrechne ist, dass sie uns das niemals vorhielten. Sie haben uns niemals den Eindruck vermittelt, dass wir ihnen zu viel, zu anstrengend oder zu mühsam waren. In all den Jahren habe ich meine Eltern nie erschöpft erlebt, zumindest erinnere ich mich nicht daran. Wie zum Kuckuck haben sie das nur hinbekommen, frag ich mich (erschöpfte Mama von nur einem Kind)!?

Jetzt sind sie stolze und glückliche Großeltern und kümmern sich mit einer Selbstverständlichkeit um unsere Töchter als wären sie ihre eigenen. Woher nehmen sie bloß schon wieder die Energie für zwei so kleine Bedürfnisbündel. Vor allem unsere Oma hoch zwei…sie arbeitet als Kindergärtnerin und verbringt ihre Freizeit dann mit unseren Kindern…Wahnsinn oder?

Ich bin der absoluten Überzeugung, dass man nicht verlangen kann, dass die Großeltern ihre Enkel betreuen sollen. Wir haben uns für ein Kind entschieden und es liegt bei uns es bestmöglich zu versorgen. Omas und Opas die lieber durch die Weltgeschichte reisen, ihren Hobbys nachgehen oder sich eine gemütliche Pension machen wollen, als sich um ihre Enkel zu kümmern, kann man, meiner Meinung nach, keinen Vorwurf machen. Sie haben ihr Soll an schlaflosen Nächten, blutenden Knien und sich-Sorgen-machen schon erfüllt und sollten sich das Recht herausnehmen zu tun und zu lassen was ihnen beliebt…ganz ohne schlechtes Gewissen.
Doch natürlich ist es ohne Zweifel ganz wunderbar, wenn Großeltern die Nähe ihrer Enkel suchen. Ist dies der Fall, sind Generationenkonflikte aber leider oft vorprogrammiert. „Ach so, so macht ihr das?“ oder „Also früher gab‘s das nicht.“ oder aber „Also zu unserer Zeit war das anders.“ Aussagen wie diese, hat wohl jede Jungfamilie schon einmal von der älteren Generation zu hören bekommen. Das „Was“ ist dabei kaum verwunderlich, das „Wie“ ist es, das nur zu oft zu Konflikten führt. Mit einer gesunden Neugierde der Großeltern an den pädagogischen Vorstellungen und Lebensweisen ihrer Kinder ist ja wirklich nichts auszusetzen. Ganz im Gegenteil, ich finde es zeugt von wahrer Größe. Wenn dann aber eine Prise Vorwurf und etwas Überheblichkeit mitschwingen, kann dies schon zu einem Wutklumpen im Magen oder Verunsicherungskloß im Hals bei der jungen Generation führen.
Bei manchen sind diese unterschiedlichen Vorstellungen leider so stark spürbar, dass es in Folge zu Diskussionen oder schwerwiegenden Auseinandersetzungen kommt. In diesem Fall ist die Unterstützung der Großeltern wohl eher eine Last als eine Hilfe für die Familie.
Dann ist es wohl günstiger sich einen Babysitter zu nehmen als das Kind von den Großeltern betreuen zu lassen. Dieser kostet zwar mehr Geld, aber weitaus weniger bis hoffentlich gar keine Nerven.
Aber einmal ganz objektiv betrachtet, ist es bestimmt für beide Seiten nicht immer leicht einen Konsens zu finden. Alles was die junge Generation anders macht, untergräbt die Art und Weise wie es die ältere Generation gemacht hat. Dies kann bei manchen Omas und Opas ein unangenehmes Gefühl auslösen. Je nach Charakter und Fähigkeit zur Reflexion kann sich manch eine Oma oder ein Opa in Folge Gedanken darüber machen, was sie oder er damals hätte anders machen können oder sollen. Es können Ideen entstehen die dazu führen dass das eigene oder das Verhalten der eigenen Kinder in ihrer neuen Rolle als Eltern hinterfragt werden. Unterm Strich bleibt ein ungutes Gefühl oder sogar schlechtes Gewissen auf beiden Seiten. Eine emotionale Bring- oder Holschuld kann sich negativ auf das ursprünglich gute Verhältnis zwischen Eltern und erwachsenen Kindern und in Folge auf die jüngste Generation, die aktuellen Kinder, auswirken.
Eine ganz schön verkorkste Geschichte ist das oft mit den Großeltern, nicht wahr?

Aus diesem Grund rechne ich es unseren Eltern umso höher an, dass sie zu der Sorte Großeltern gehören die sich eher in Zurückhaltung üben. Ich finde es gut und wichtig, dass sie sich dafür nicht verstellen, denn ab und zu blinzelt ihre eigene Meinung über die Art wie wir mit unseren Kindern leben sehr wohl durch. Doch im Großen und Ganzen versuchen wir einen gemeinsamen Weg zu gehen, jeder auf seine individuelle Art und Weise und was kann es Schöneres geben, frage ich euch.

In diesem Sinne bleibt zu sagen…
Liebe Mama, lieber Papa, ich weiß ihr würdet manches anders machen. Mir ist klar, dass wir nicht immer einer Meinung sind. Danke, dass ihr trotzdem voll und ganz hinter uns steht.
Danke, dass ihr unseren Kindern ebenso liebevolle, bemühte und großartige Großeltern seid wie ihr uns Eltern und Schwiegereltern seid.