Sie finden sich im Internet und in Elternratgebern: Listen mit Dingen, die man fürs Baby unbedingt kaufen soll. Oft liegen viele dieser Sachen dann ungenutzt herum. Experten geben Tipps, welche Anschaffungen Eltern nicht unbedingt machen müssen.

Wer beim Abhaken von Listen eine große innere Befriedigung verspürt, kann als werdende Mutter oder werdender Vater aus dem Vollen schöpfen: Fast überall stößt man auf ultimative Listen für die Baby-Erstausstattung. Brav kaufen die meisten, was drauf steht – und oft noch ein paar Sachen mehr. Ist das Baby dann da, dämmert einem manchmal schon kurz danach: total unpraktisch. Haben wir noch nie benutzt. Sieht schön aus, aber das Kind hasst es.

Obwohl jedes Neugeborene anders ist und Vorlieben und Abneigungen ungleich verteilt sind: Es gibt ein paar Produkte, ohne die man prima klarkommt. Eine Einschätzung von Experten:

Badeeimer: Der durchsichtige Plastikkübel soll das Baby beim Baden an Mamas Bauch erinnern und schön begrenzen. Das ist aber genau das Problem: Schon nach wenigen Wochen sind die Kleinen dem Eimer entwachsen. “Bei uns wurde er schnell zum Wischeimer umfunktioniert”, erzählt Susanne Mierau. Sie ist Diplom-Pädagogin, schreibt einen Familienblog und hat selbst drei Kinder. Eine normale kleine Wanne tut es am Anfang auch.

Wärmelampe: Sie wird meist über dem Wickeltisch angebracht und soll kuschelig warm machen. Bei den Eltern sorgt sie zuverlässig für Schweißausbrüche. Ob man sie braucht oder nicht, wird unterschiedlich beurteilt. “Wir halten sie für unerlässlich”, sagt die Hebamme Dorit Seligmann. Wer sie nicht immer zum Wickeln anschalten möchte, kann das Kind auch gut zur Massage darunter legen. Susanne Mierau hat dagegen bei ihren zwei im März geborenen Kindern auf die Lampe verzichtet: Zimmertemperatur reicht aus. “Auch eine gemütliche Unterlage oder Decke kann man auf den Wickeltisch legen.”

Geräte zum Sterilisieren: Wer nicht stillen kann oder möchte, hat in den ersten Monaten viel mit dem Auskochen von Flaschen zu tun. Wer dafür keinen Topf verwenden will, kann auf ein Sterilisationsgerät zurückgreifen – vorausgesetzt, er hat den nötigen Platz in der Küche. Außerdem gibt es spezielle Vorrichtungen, an denen man die Einzelteile der Flasche dann abtropfen lassen kann. “Notwendig ist es nicht, aber praktisch”, findet Hebamme Seligmann. Bei der Sterilisation im Topf besteht die Gefahr, dass Flascheneinzelteile anbrennen können, wenn man das Wasser nicht ständig im Blick hat.

Babyschuhe: Der Klassiker unter den Babygeschenken. Sie sehen niedlich aus, sind aber komplett unnötig. Außerdem passiert es schneller als man denkt, dass das Baby plötzlich nur noch einen Schuh trägt. “Entweder man verwendet Babysocken mit einem Bändchen dran”, schlägt Susanne Mierau vor. Oder noch einfacher: Dem Säugling kleine Pulswärmer über die Knöchel ziehen. Dazu kann man einfach alte Wollsocken abschneiden und sie als Stulpen verwenden.

Windelmülleimer: Dass das Baby große Mengen an Windelmüll produziert, die man irgendwo geruchsmindernd unterbringen muss, ist klar. In Babymärkten finden sich dazu spezielle Eimer, die die Windeln zum Teil einzeln in Folie einschließen und versiegeln. Eltern müssen dafür immer wieder neue Nachfüllsets mit Folie kaufen – das kann bei einer Wickelzeit von zwei bis drei Jahren oder länger ganz schön ins Geld gehen. Seligmann rät deshalb vehement von diesem Spezialprodukt ab: “Ein normaler Eimer mit einem gut schließenden Deckel tut’s auch.”

Lammfell: Wer bei Lammfell höchstens an Rentierschlitten denkt, hat noch nicht in Kinderwagen geschaut, sobald es etwas kühler wird. Wirklich sinnvoll sind sie laut Seligmann nur, wenn die Temperaturen unter 0 Grad fallen. Häufig liegt das Kind aber auch noch im Frühjahr bei 20 Grad auf dem Fell – weil es bei Wärme schön kühlt, hört man. “Bei Hitze würde aber auch keiner einen Wollpulli anziehen”, hält Seligmann dagegen.

Babyfon: Das Babyfon ist eine praktische Erfindung – zum Beispiel im Urlaub oder wenn man über mehrere Zimmer vom Baby getrennt ist. Oft wird das Babyfon aber standardmäßig eingestöpselt, obwohl der Nachwuchs nur ein Zimmer entfernt liegt. “Damit wird den Eltern Sicherheit suggeriert”, sagt Mierau, die den Trend zur technischen Überwachung kritisch sieht. Denn dadurch bringen sich Eltern um die Erfahrung, die Bedürfnisse des Kindes auch ohne Hilfsmittel wahrnehmen und deuten zu können.

Pflegeprodukte für Babys: Es gibt Cremes fürs Gesicht, für den Körper, den Po, es gibt Shampoos, feuchte Tücher und Babywaschlappen. Die gute Nachricht: Wirklich schmutzig sind die kleinen Menschen am Anfang nur im Windelbereich. Die Feuchttücher fallen sowohl bei Mierau als auch bei Seligmann durch. Sie sind schädlich für die Umwelt, manche Kinder reagieren empfindlich auf die Inhaltsstoffe. Obwohl viele Eltern die Tücher unterwegs als praktisch empfinden – man braucht sie nicht wirklich. Ein feuchter Lappen in einer Box reicht aus. Sinnvoll ist auch eine Wundschutzcreme für den Po. Mierau empfiehlt, zur Pflege eine große Flasche Mandelöl in der Apotheke zu kaufen – das können sogar Erwachsene mitbenutzen.

Bleibt am Ende die Frage: Warum sind Eltern dazu bereit, so viel Geld für Ausstattung und Hilfsmittel auszugeben? Überraschend ist das für Ingrid Löbner nicht. Sie berät bei Pro Familia regelmäßig Eltern, außerdem hat sie schon mehrere Bücher über die ersten Jahre mit Kind geschrieben. “Eine Mischung aus Verunsicherung, Beschützerinstinkt und modischem Anspruch” stellt sie bei vielen Erstlingseltern fest. Mütter und Väter seien hochgradig verunsichert: Oft ist das eigene Baby das erste Kind, das sie mehr als 30 Minuten auf dem Arm halten. Hinzu kommt die Möglichkeit, heute alles schnell übers Internet bestellen zu können.

“Je weniger Vorerfahrung Eltern haben, desto mehr glauben sie, alles kaufen zu müssen”, sagt Löbner. Besonders gut gehen ihrem Eindruck nach Hilfsmittel, die das Kind beruhigen sollen. Ihrer Meinung brauchen Eltern vor allem zwei Dinge: eine gute Tragehilfe und das Vertrauen, dass sie am Anfang alles sind, was das Baby zum Überleben braucht.