Ein Gespräch mit einer ganz besonderen Freundin, ehemaligen Kollegin und Mutter von zwei Kindern, hat mich zu diesen Zeilen bewegt…

Wir sind bemüht die Welt um unsere Kinder herum entsprechend ihrer Bedürfnisse, Entwicklung und Persönlichkeit zu gestalten. Dies war nicht immer so. Früher mussten Kinder damit Leben, als kleiner, unreifer und oftmals auch dümmer angesehen zu werden. Zum Glück hat sich in dieser Hinsicht einiges getan. Heute ist es das Ziel vieler Eltern, PädagogInnen und auch einiger Menschen der allgemeinen Gesellschaft, Kinder als gleichwertige Personen wahr- und ernst zu nehmen. Gut so…denke ich mir als Mutter, Pädagogin und Psychologin. Aber ist diese Veränderung der Grund dafür, dass heutzutage so viele Eltern verzweifeln?

Was ist eigentlich aus der Welt der Eltern geworden?

In letzter Zeit erscheint mir diese immer wieder recht verwirrt, dunkel und deprimiert.
Ja, denkst du dir jetzt vielleicht, das Leben ist nun mal kein Ponyhof. Kinder sind toll, aber der Alltag als Erwachsener, vielmehr noch als Elternteil, ist einfach zeitweise wirklich herausfordernd. Klar, da gebe ich dir Recht. Doch war das schon immer so oder hat unser steigendes Bedürfnis nach Gleichberechtigung, Selbstverwirklichung und auch bedürfnisorientierter Begleitung unserer Kinder damit zu tun, dass so viele Eltern regelrecht erschöpft und entmutigt durchs Leben wandeln?

Erziehungsratgeber, die ja heutzutage gar nicht mehr so heißen dürfen, weil wir unsere Kinder ja nicht in eine, nämlich die von uns gewünschte Richtung, ziehen dürfen, erfahren immer mehr Nachfrage. Einerseits finde ich das großartig, denn Eltern haben endlich damit begonnen zuzuhören, ihre eigenen Erfahrungen zu reflektieren und längst überholte Regeln und Normen aus ihrer Kindheit in der Begleitung ihrer eigenen Kinder zu hinterfragen. Andererseits spüre ich ganz viel Verunsicherung. Das eigene Bauchgefühl reicht schon lange nicht mehr aus. Ganze Bücher und Internetforen werden, auf der Suche nach Lösungen, abends und nachts durchforstet. Was bei der Recherche übrig bleibt, sind viele Eltern die verzweifeln und verunsichert sind. Der Wunsch beim eigenen Kind alles richtig zu machen, nährt die Angst davor Fehler zu machen.

„Achte darauf wie du mit deinem Kind sprichst“, „Das Verhalten deines Kindes spiegelt lediglich dich selbst“, „Eine kindgerechte Lebensumgebung trägt erheblich zur Entfaltung einer selbstbewussten Entwicklung bei“, sind Empfehlungen die durchaus ihre Berechtigung haben…ich selbst spreche sie immer wieder in der Begleitung von Eltern aus. Was dabei heutzutage, meiner Meinung nach oft, in den Hintergrund tritt, ist die Leichtigkeit des Seins.

All die gut gemeinten Ratschläge, können schnell zu dem werden was sie versuchen zu bekämpfen, nämlich ein Korsett an Regeln und Normen. Manchmal habe ich das Gefühl, die zunehmende Freiheit von Kindern geht mit einer Einschränkung für ihre Eltern einher. Für mich bedeutet bedürfnisorientierte Begleitung von Kindern, ein kleines Menschlein für voll zu nehmen, seine Gefühle wahr und ernst zu nehmen, ihm Aufmerksamkeit, Liebe und Nähe zu schenken. Doch was ist mit den Bedürfnissen, Gefühlen und Emotionen der Eltern?

Die Beziehung zwischen Eltern und Kind sollte auf ein liebevolles Geben und Nehmen begründet sein. In den letzten Jahren habe ich zunehmend das Gefühl, dass Eltern so sehr damit beschäftigt sind zu geben, dass sie unterdes vergessen zu nehmen. Kann das vielleicht der wahre Grund dafür sein, dass immer mehr Eltern verzweifeln? Vergessen sie einfach auf sich selbst oder glauben sie, dass sie kein Recht haben Respekt, Rücksicht und Nachsicht von ihren Kindern ein zu fordern.

„Sei stets authentisch, aber schreie dein Kind niemals an.“, „Schau auf dich selbst, pflege deine Partnerschaft und verwirkliche deine Karriereträume, aber gib dein Kind nicht rund um die Uhr in Fremdbetreuung.“, „Setze dich für Gleichberechtigung ein, aber sei dir bewusst, dass dein Kind vor allem seine Mama braucht.“
Wir leben in einer überinformierten Gesellschaft, haben rund um die Uhr Zugriff auf eine Fülle an Antworten auf unsere Fragen und doch wissen wir nicht was wir tun sollen. Jede Mama und jeder Papa muss ihren/seinen eigenen Weg finden, ganz klar…doch dieser scheint im Dschungel aktueller Strömungen ein recht kurviger zu sein. Halte dich fest, heißt es ab dem Moment in dem du den positiven Schwangerschaftstest in deinen Händen hältst, denn jetzt beginnt eine Reise mit ungewissen Ziel.

Schön und gut, und übrigens auch vielen Dank für diese Zeilen, jetzt bin ich erst recht entmutigt und verwirrt, denkst du dir jetzt vielleicht. Das verstehe ich, selbst mir als Fachfrau geht es im Alltag mit meinem Kind oft so. Doch wenn ich dir eines mit auf deine Reise ins Ungewisse geben darf, ich wünsche dir, dass du dich bemühst alles richtig zu machen, dir dabei aber stets bewusst bist, dass sich dein heutiges „Richtig“ morgen vollkommen „Falsch“ und übermorgen wieder „Goldrichtig“ anfühlen kann. Ebenso, denke ich, verhält es sich bei unseren Kindern. Heute nennt dich dein Kind „blöd“, weil du dies oder jenes tust oder unterlässt. In 10 Jahren bist du vielleicht laut deines Kindes die coolste Mama hinsichtlich ein und derselben Angelegenheit…es folgen Jahre der Vorwürfe, Reflexion und spätestens wenn du Oma wirst kommt vermutlich die große Einsicht gepaart mit viel Verständnis.

Halt dich fest und versuche die Reise ins ungewisse trotz allem zu genießen!
Ich wünsche dir viel Leichtigkeit dabei!