Derzeit kursieren ganz hilfreiche Tipps und Ideen, wie Menschen in der Quarantäne ihre Zeit sinnvoll nützen können. Die Autoren dieser Empfehlungen, sind wohl alle kinderlos.

Während andere ihre neu gewonnene Zeit in den eigenen vier Wänden damit verbringen neue Sprachen zu erlernen, ihr Business auf online umzustellen, ja sogar manche anscheinend ein Fernstudium beginnen, trainiere ich gerade mit meinem Kind das „alleine aufs Klo gehen“… und damit meine ich nicht Sauberkeitserziehung, sondern mein Recht darauf alleine kacken zu gehen. Ich hoffe, ich trete niemandem mit meiner derben Ausdrucksweise zu nahe. Doch auf der Suche nach einem Begriff der sogar kinderlosen Menschen beschreibt wie absurd es manchmal bei Familien zu Hause abläuft, erschien mir keine schönere Ausdrucksweise passend zu sein. 

Keine Ahnung ob all die Supermoms da draußen wirklich Superkräfte haben oder ob sie nur sehr gut darin sind schöne Fotos auf Instagram, Facebook und Co zu stellen. Ich für meinen Teil, habe mich mittlerweile damit abgefunden, dass ich, seit Anbeginn unserer Corona-Quarantäne, einen gehörigen Schritt zurück in Richtung Wochenbett gemacht habe. Nicht nur weil ich die Zeit mit meinem Kind tatsächlich genießen möchte, sondern auch weil mir schlichtweg die Motivation und Energie fehlt, denn mich zu schminken, Haare zu glätten und ja, ich gebe es nur ungern zu, aber auch zeitweise zu duschen, steht mittlerweile ganz weit unten auf meiner Prioritätenliste.

Davor kommen in der Quarantäne Homekindergardening, Homeoffice, Nahrungszubereitung und –aufnahme und den Haushalt halbwegs in Schuss halten, sowie die Zubereitung meines heiligen Kaffees, den ich nebenbei bemerkt, nun wieder kalt genießen darf. Wie gesagt, irgendwie fühle ich mich in die Zeit des Wochenbettes zurückversetzt. Bis auf das Brennen beim Pinkeln, ist da aktuell, was meine körperliche Instandhaltung betrifft, kaum ein Unterschied spürbar.

Me-Time ist ausverkauft

„Wie soll denn das bitte enden?“ frage ich mich manchmal abends wenn ich die Küche putze, während ich die Spielsachen bei Seite schaufle, um den Wäscheberg zu bezwingen. Ich war wirklich gerne eine SAHM (stay at home mom)…wirklich gerne…genau für 16 Monate. Danach habe ich Schritt für Schritt mein Leben als Arbeitsbiene und Frau abseits vom Mama-Sein zurückgewonnen. Ein gutes Gefühl, wie ich schnell feststellen durfte. Auch wenn meine Tochter nur ein paar Stunden auswärts betreut wurde, es war für mich ein riesen Schritt in eine neue, altbekannte Welt voll klitzekleiner, unglaublich wohltuender Freiheiten. Und jetzt? Jetzt bin ich, nach nur einem halben Jahr, wieder zurück versetzt worden in meine Karenzzeit als selbstständige Working Mom. Und all die klitzekleinen, unglaublich wohltuenden Freiheiten haben sich, von einem Tag auf den anderen, in Luft aufgelöst. Alleine aufs Klo gehen? Zwei Minuten den müden Körper auf der Couch parken? Meinen Kaffee heiß und ungestört genießen? Muße und Zeit für meine beruflichen Ideen und Pläne haben? Sorry, liebe Mutter, Me-Time war gleich nach dem Klopapier ausverkauft.

Das ist echt hart. Und dabei habe ich es mit einem liebevollen Partner und Vater, der nach wie vor unermüdlich einem bezahlten Job neben all dem Chaos im Home Office nachgeht, doch noch sehr gut getroffen. Was ich sagen möchte, mein Mitgefühl gilt allen Müttern und Vätern da draußen, die beim Versuch diese Quarantäne so gut wie möglich zu meistern, an den Rand des Wahnsinns gelangen und damit ganz weit weg von sich selbst kommen. Mein Mitgefühl gilt unter anderem mir selbst. Auch wenn ich es eigentlich ganz gut getroffen habe, trifft es mich unerwartet ziemlich heftig.

Aber dennoch bin ich dankbar

Vielleicht hilft euch ja auch der Gedanke, der mir immer wieder kommt, dabei diesen ganzen Wahnsinn heil zu überstehen. Inmitten von Wut, Grant, Verzweiflung und Traurigkeit, flammt bei mir immer wieder ein klitzekleines aber sehr starkes Gefühl von Dankbarkeit auf. Ich bin dankbar dafür, dass es unseren Familien und Freunden weitgehend gut geht, wir in einer Zeit leben, in der wir einander zumindest virtuell sehen und hören können und ich bin dankbar, dass meine kleine Familie bisher unversehrt geblieben ist. Auch wenn es aktuell so wirkt, als müssten wir noch länger hier in unseren vier Wänden verharren, mache ich mir bewusst, dass dieser Zustand nicht ewig währen wird. Wir schreiben gerade Geschichte und irgendwann wenn wir alt und grau sind, werden wir uns vielleicht sogar mit Sehnsucht an diese Tage zurück erinnern. Als wir in Corona-Quarantäne saßen, unsere Kinder noch klein waren und wir täglich rund um die Uhr Zeit mit ihnen verbringen durften.

Bis dahin, wünsche ich euch großartigen Müttern und Vätern, viel Kraft, Zuversicht und wohlwollende Gedanken in der Quarantäne! Möget ihr alle gesund und munter bleiben!