Warum wir den KindergartenpädagogInnen unserer Kinder mehr Gehalt und Anerkennung „schenken“ sollten. Von Manuela Fischer, Psychologin, Kleinkindpädagogin und Lebens-und Sozialberaterin aus Wien.


 …meine Reaktion auf die, von SPÖ und ÖVP, geplante Schulung in den pädagogischen Grundlagendokumenten…

KindergartenpädagogInnen stehen tagtäglich auf, um die Kinder fremder Eltern bestmöglich zu begleiten. Viele von ihnen haben selbst kleine Kinder zu Hause die sie in Betreuung geben um für all die anderen Kinder da zu sein. Dabei werden sie unweigerlich mit dem Chaos, Emotionen und Wertesystemen anderer Familien konfrontiert. Sie stehen stets zwischen den Erwartungshaltungen der Gesellschaft, der Politik, der Eltern, der Kinder und ihrer direkten Vorgesetzten. Die eigenen Befindlichkeiten, Ideen und Vorstellungen scheinen dabei oftmals vollkommen irrelevant.

KindergartenpädagogInnen – eine Berufung

Die Entscheidung für einen Job im sozialen Bereich ist zumeist eine Herzensangelegenheit, denn am Gehalt, der Anerkennung oder den Rahmenbedingungen kann es nicht liegen, dass sich nach wie vor PädagogInnen für diesen, oft sehr herausfordernden, Arbeitsalltag entscheiden. Die Bedingungen, unter denen KindergartenpädagogInnen und LehrerInnen heutzutage in Österreich arbeiten, werden von Jahr zu Jahr schlechter, während die Gehälter ins bodenlose abrutschen.

Ich, selbst ausgebildete Kindergartenpädagogin, mit jahrelanger Berufserfahrung, habe mich bewusst gegen den Alltag als Pädagogin in einem wenig wertschätzenden System entschieden.
 Mittlerweile bin ich Mutter und kann die aktuellen Entwicklungen weniger denn je nachvollziehen.

Schon vor Corona viel Arbeit

Bereits vor Corona habe ich die liebevolle und qualifizierte Arbeit der KindergartenpädagogInnen im Kindergarten meiner Tochter kennen und schätzen gelernt. Ja, seit meiner eigenen Zeit als Pädagogin hat sich viel verändert…manches ist für mich nachvollziehbar, anderes ganz und gar nicht. Und trotzdem, mir war es immer am Wichtigsten, dass ich mein Kind mit gutem Gewissen in die Hände von Menschen geben kann, die ganz genau wissen was sie da tun. Dabei machte ich grundsätzlich kaum einen Unterschied zwischen Assistentinnen und Pädagoginnen, denn, meiner Meinung nach ,war es anfangs hauptsächlich die liebevolle Aufmerksamkeit die mein Kind brauchte um gut in der Welt an zu kommen. Das wichtigste, so dachte ich mir von Anfang an, ist mir, dass sich meine Tochter im Kindergarten wohl fühlt. Und das tat sie auch.
 
 Jetzt, wo sie älter, wissbegieriger und offener für Neues wird, nimmt auch ihr Interesse an den Zusammenhängen der Welt und ihre Leidenschaft für das philosophieren zu. Dabei kommt es immer wieder unweigerlich zu herausfordernden Momenten, in denen sie ihre Gefühle übermannen, zu unzähligen Fragen, auf die nicht einmal ich eine Antwort weiß und zu emotionsgeladenen Situationen, in denen sie ihren Papa und mich an unsere Grenzen bringt.

Zusatzqualifikationen helfen

In Momenten wie diesen bin ich heilfroh, dass ich fünf Jahre lang die Schulbank gedrückt habe und weitere 9 Jahre Berufserfahrung sammeln konnte um zu wissen wie ich kindgerecht, situationsorientiert und liebevoll darauf reagieren kann. 
 Ich habe mich schon oft gefragt, wie Eltern ohne pädagogischer Ausbildung den Alltag mit ihren Kindern überhaupt hinbekommen. Versteht mich bitte nicht falsch, ich denke, es gibt Mütter und Väter die ihren Job auch ohne Vorerfahrung und jahrelanger Ausbildung im pädagogischen Bereich, hervorragend meistern. Aber ich denke auch, es gibt mindestens genauso viele Eltern die tagtäglich an ihren Kindern schlichtweg verzweifeln.

Gut, dass wir unsere Kinder, wenn wir einmal Abstand von ihnen brauchen um unserem anderen, nämlich bezahlten, Job nachgehen oder einfach weil wir einmal wieder alleine aufs Klo gehen wollen, in die Hände qualifizierter Menschen geben können, nicht wahr?

SystermerhalterInnen

Corona hat uns einmal mehr gezeigt, wie unverzichtbar unsere SystemerhalterInnen sind. Wir haben ihnen dafür unseren Respekt gezollt. Corona ist noch lange nicht Geschichte, doch unser Respekt gegenüber unseren SystemerhalterInnen leider schon. Abgesehen davon, dass ich nicht einmal miterlebt habe, dass für unsere KindergartenpädagogInnen geklatscht wurde, sehe ich auch, abseits von wenig nachhaltigen Nettigkeiten wie diesen, keinerlei Bemühungen von Seiten der Gesellschaft und noch weniger Bestreben von Seiten der Regierung zur Anerkennung und Aufwertung pädagogischer SystemerhalterInnen. 

Ganz im Gegenteil. Ein Crashkurs von 30 Unterrichtseinheiten, soll nun die fünfjährige Ausbildung zum/r Kindergartenpädagogen/in ergänzen, bzw. vermutlich (ich mutmaße an dieser Stelle einfach einmal, wo das alles hinführen soll) auf lange Sicht sogar ersetzen.

Hallo? Geht’s noch? Wie kann uns das Wohl unserer Kinder nur so egal sein?

 Der Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung die gerade wieder zur Aufbewahrungsanstalt mutiert.
 Ich kann es ausgebildeten PädagogInnen nicht verdenken, dass sie das Schlachtfeld nach und nach räumen, um noch schlechter bezahlten (geht das überhaupt?) Aushilfspersonal die Trümmer ihrer einstmals wertvollen Arbeit zu überlassen.
 
 Fehlt die Bildung in der Ausbildung, fehlt die Bildung in den Bildungseinrichtungen. Die negativen Auswirkungen, auf den Alltag im Kindergarten, sind vorprogrammiert. 

Während diesem, ja bereits seit geraumer Zeit, viel zu wenig Ressourcen zugestanden werden, können wir uns jetzt auf die Herabsetzung des Niveaus und die Herabwürdigung des Personals in den Kindergärten freuen. Mit den Folgen, die diese Entwicklung, für die Schulzeit und das spätere Leben unserer Kinder mit sich bringt, sowie die daraus resultierenden Probleme die nicht korrigierbare Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen werden, möchte ich gar nicht erst anfangen.

Also ich finde, es reicht! 

#KINDERBRAUCHENPROFIS

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