Es ist ein sensibles Thema: Die Familienplanung. In unserer heutigen, liberalen Zeit, gehören Ehe und Kinder nicht mehr zwingend dazu. Und eben weil man sich frei für oder gegen sie entscheiden kann, fällt es viel stärker ins Gewicht, dass die Geschlechter in der Kinderfrage oft unterschiedlich ticken. Doch klärt ein Paar den Kinderwunsch nicht gemeinsam, kann die Beziehung sehr schnell daran zerbrechen. Spätestens dann, wenn einer der Partner bereit für Kinder und Familie ist, der andere aber nicht bzw. prinzipiell keine Familie gründen möchte.

Selbst wenn es zu einer Einigung kommt, kann es schwierig werden. Dann nämlich, wenn einem der Partner der Verzicht auf Kinder abverlang wird. “Wenn einer dem anderen zuliebe auf seinen Kinderwunsch verzichtet, ist das eine schwere Hypothek für eine Partnerschaft”, sagt etwa Paartherapeutin Bettina Jellouschek-Otto.

Meist sind es die Männer, die sich nicht sicher sind

Im Durchschnitt bekommen Frauen ihr erstes Kind mit 31 Jahren. Oft wird der Kinderwunsch zum Streitthema. “Häufig gibt es Paare, bei denen einer sehr gern ein Kind will und der andere zögert oder ist entschieden dagegen”, sagt Jellouschek-Otto. Meist sind es die Männer. Sie fühlen sich häufig entweder zu jung oder zu alt für ein Kind. Zudem sind Männer oft weiter von dem rein biologischen Bedürfnis entfernt. Daher schieben sie das Thema gerne weg und tun sich schwerer, sich definitiv zu entscheiden.

Weitere Gründe gegen ein Kind sind der Verlust der Unabhängigkeit und die Angst vor Verantwortung, Verschlechterung der Beziehung oder der finanziellen Situation. Auch unterschiedliche Einschätzungen der Partnerschaft, der beruflichen Entwicklung oder ungünstige Erfahrungen mit der eigenen Familie können vom Kinderwunsch abhalten. Doch der Kinderwunsch ist ein elementares Bedürfnis, das nicht beiseitegeschoben werden kann, sagt Jellouschek-Otto. “Es gibt in dieser Frage keine Kompromisse.” Schließlich könne niemand nur “ein bisschen schwanger” werden.

Hohe Erwartungen infrage stellen

Irgendwann muss das Paar Klartext sprechen. “Und nicht nur einmal, sondern mehrmals”, empfiehlt die Paartherapeutin. Wichtig ist, gegensätzlichen Bedürfnisse nicht abzuwerten: “Dir ist wohl das Kind wichtiger als ich!” und “Musst du schon wieder davon anfangen!” haben in diesen Gesprächen nichts verloren.

Kommt das Paar nicht weiter, kann es einen Zeitrahmen der Unentschiedenheit vereinbaren, beispielsweise ein halbes Jahr. In dieser Zeit kann sich jeder Gedanken zur Perspektive mit oder ohne Kind machen. Helfen kann es auch, mit Paaren zu sprechen, die bereits Kinder haben. Sie können schildern, was am Alltag mit Kindern bereichernd, aber auch, was belastend ist.

Außerdem sollten die Partner zu hohe Erwartungen infrage stellen. “Die perfekte Mutter und den perfekten Vater gibt es nicht”, sagt Jellouschek-Otto. Es reiche völlig, wenn beide gut genug sind. Sie empfiehlt unsicheren Paaren, sich dem Leben mit Unwägbarkeiten einfach hinzugeben. “Kontrolle zu verlieren, löst Angst aus, und ein Kind reduziert naturgemäß die Kontrollmöglichkeiten”, räumt sie ein. Doch man lerne dadurch, im Hier und Jetzt zu leben und Vertrauen in sich, den Partner und das Kind zu entwickeln.

Ist schlussendlich eine Entscheidung gefallen und der zögerliche Partner stimmt für ein Kind, sollte der andere nicht daran zweifeln. Sonst grenzt man den Partner womöglich von Anfang an aus der Eltern-Kind-Beziehung aus.

Die fürsorgliche Seite entdecken

Außerdem könne eine halbherzige Zusage nach der Geburt durchaus eine überzeugte werden, sagt die Paartherapeutin. Denn wenn das Kind erst mal auf der Welt ist, entdecken viele ihre fürsorgliche Seite. Auch bei einer Entscheidung gegen Kinder ist es wichtig, dass beide dafür die Verantwortung übernehmen. “Wird der Verzicht allein dem aufgeladen, der sich zuerst gegen Kinder ausgesprochen hat, kann das zur Munition für jeden Streit werden, auch wenn es um andere Themen geht”, sagt die Paartherapeutin.

Kommen die Partner so gar nicht weiter, kann als letzter Ausweg helfen, gemeinsam mit einem Therapeuten über die Problematik zu sprechen.