„Ach, jetzt borg dem Mädchen doch mal deinen Roller“, „Schau, der Bub möchte so gerne einmal deinen Teddybären halten.“ Die Antwort unserer Kinder auf Bitten wie diese kommt meist tatkräftig und lautstark zurück. Da werden Stofftiere fest umklammert und das eigene Hab und Gut mit Zähnen und Klauen verteidigt. Warum du dein Kind nicht zum Teilen überreden solltest? Ganz einfach, weil es, wenn es sich nicht selbst dazu entscheidet, eine ganz falsche Botschaft dadurch bekommt.

Warum Kinder nicht teilen wollen
Noch sehr junge Kinder definieren sich oftmals über ihr Hab und Gut. Umso älter sie werden umso mehr nimmt ihr egozentrisches Denken ab und ihr Blick weitet sich für die Bedürfnisse und Wünsche anderer. Bis dahin fällt es ihnen schwer sich in andere Menschen hineinzuversetzen und zu teilen. Aus evolutionärer Sicht macht dies auch Sinn, weil die Verteidigung der eigenen Ressourcen das eigene Überleben sichert. Das fitteste und am besten versorgteste Menschenkind überlebt, das war schon immer so. Aus diesem Grund ist teilen, vor allem für Geschwisterkinder, in den ersten Lebensjahren keine plausible Möglichkeit.

Warum Eltern wollen, dass ihre Kinder teilen
Eltern ist es sehr oft schrecklich unangenehm, wenn ihr Kind sich weigert zu teilen. Ist ein Kind nicht bereit sein Hab und Gut an andere zu verborgen, wird es schnell einmal als egoistisch und asozial abgestempelt…zumindest ist dies die Angst vieler Väter und Mütter. Fakt ist jedoch, dass auch wenige Erwachsene ihr Auto, Smartphone oder ihre Wohnung einfach so mit Fremden teilen würden, nicht wahr? Warum sollten wir also etwas von unseren Kindern verlangen, was wir selbst niemals tun würden?

Warum Eltern ihre Kinder nicht dazu zwingen sollten zu teilen
Es ist Kindern entwicklungsbedingt im jungen Alter einfach noch nicht möglich diesen Schritt aus eigener Überzeugung zu machen. Abgesehen davon, dass Eltern ihre Kinder zu gar nichts zwingen sollten, ist es Kindern bis zum Vorschulalter beim besten Willen noch nicht möglich die Perspektive dahingehend zu wechseln, dass sie freiwillig zu Gunsten einer anderen Person ihre eigenen Bedürfnisse zurückstecken. Studien zeigen, dass sich dabei nicht nur Kleinkinder, sondern auch manche ältere Kinder und sogar viele Erwachsene schwer tun. Eltern die ihre Kinder darum bitten zu teilen, ja, vielleicht sogar dazu zwingen indem sie ihnen die Entscheidung abnehmen und Dies oder Jenes an ein anderes Kind weiter reichen, lehren ihr Kind nicht zu teilen. Sie zeigen ihrem Kind lediglich, dass es keine eigenen Entscheidungen treffen darf, bzw. diese keinen Wert hat.

Empathie, die Fähigkeit zu Teilen, sich in eine andere Person hinein zu versetzen und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln sind wichtige Eigenschaften um seinen individuellen Platz in einer gut funktionierenden Gesellschaft zu finden. Es gibt viele Möglichkeiten wie du dein Kind auf seinem Weg dorthin unterstützen kannst. In Konfliktsituationen, wie beispielsweise beim Streit um ein Spielzeug, kannst du deinem Kind eine wichtige Stütze sein, indem du sein Sprachrohr bist solange es noch nicht selbst sprechen kann. Du kannst versuchen seine Gefühle zu verstehen oder es gezielt danach fragen um für oder mit ihm eine Brücke zum anderen Kind zu schlagen. Dein Kind lernt dabei durch dein Verständnis und deine Unterstützung früher oder später seine eigenen Worte zu finden um seine Gefühle in Worte zu fassen und seine Sichtweise zu beschreiben.
Auch wenn sich Situationen, in denen dein Kind sich weigert zu teilen, unangenehm für dich anfühlen, du dir eigentlich eine höhere Bereitschaft wünschen würdest und dir das andere Kind leid tut, versuche deinem Kind Raum zur eigenen Entwicklung zu lassen. Hab Zuversicht, sei unterstützend und verständnisvoll.

Wir wünschen deinem Kind und dir viel Geduld und Muße im Sandkastengerangel und bei Plüschtierkämpfen!