Eine Frage spaltet viele Eltern: Soll man das Kind nachts einfach schreien lassen bis es sich wieder beruhigt oder nachgeben? Das Problem behandelt auch das umstrittene Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“, das seit seinem Erscheinen im Jahr 1998 über eine Million Mal verkauft wurde. Kernpunkt des Programmes ist es, Babys ab einem Alter von sechs Monaten beizubringen alleine ein- und auch durchzuschlafen. Laut den Autoren ginge das, weil Kinder ab diesem Zeitpunkt einen gewissen Tag-Nacht-Rhythmus verinnerlicht hätten. Flasche, Schnuller oder Herumtragen sind bei diesem Programm ab diesem Zeitpunkt tabu. Das Kind wird also abends – nach einem Ritual – wach ins Bett gelegt, das Licht ausgemacht und die Eltern gehen aus dem Zimmer. Als Begründer dieser „Schlafkur“ gilt Richard Ferber, Wissenschaftler an der Bostoner Harvard University, der in seinem Schlaflabor das Schlafverhalten von Babys untersuchte.

Eine australische Studie hat untersucht, ob die Ferber-Methode auch tatsächlich wirkt – und was sie mit den Babys macht. Michael Gradisar, Psychologe an der Flinders University in Adelaide teilte für sein Experiment 43 Babys mit Schlafstörungen in drei Gruppen auf: In der ersten Gruppe erhielten die Kinder eine dreimonatige Schlafkur nach Ferber, in der zweiten eine Therapie, bei der die Schlafzeiten immer weiter in die Nacht verschoben werden (bedtime fading). Die Eltern der dritten Gruppe erhielten lediglich Informationen über den Babyschlaf. Das Ergebnis: Das Ferber-Training verbesserte tatsächlich das Schlafverhalten der Babys. Sie schliefen nach dem Verhaltenstraining schneller allein ein und wachten nachts seltener auf. Es wurden auch keine erhöhten Cortisol-Level (Stresshormon) bei den Kindern vorgefunden und auch sonst zeigten sich keine Auffälligkeiten in ihrer emotionalen Entwicklung. Die Mütter der Ferber-Kinder waren jedoch nicht entspannter als die Mütter, die lediglich Informationen erhalten hatten. Am besten stand es um die Stimmung der Mütter in der Bedtime-Fading-Gruppe.

Doch trotzdem warnen deutsche Experten vor der Ferber-Methode: Herbert Renz-Polster, Kinderarzt und Autor des Buchs “Schlaf gut, Baby” hält das Schlaf-Training dieser Art sogar für schädlich: “Wäre ein Kind in der langen Menschheitsgeschichte allein und ohne Protest unter einem Baum eingeschlafen, hätte es den nächsten Morgen nicht erlebt. Die direkte Nähe der Bezugspersonen war absolut lebenserhaltend”, so der Kinderarzt. “Durch kontrolliertes Weinen lernt das Kind aber, dass es sich in der Not nicht auf den Schutz der Eltern verlassen kann.” Man könne kaum langfristige seelische Schäden untersuchen. Auch sei die Methode nicht auf jedes Kind und in jeder Situation anwendbar.