Heute ist der zweite erste Kindergartentag unserer Tochter. 
In den letzten 9 Wochen waren wir rund um die Uhr beisammen. Es war eine unglaubliche Zeit…in jeglicher Hinsicht.

Wir hatten ganz atemberaubende, wunderbare Momente und wir hatten hier zu Hause auch zeitweise die Hölle auf Erden. Alles in allem kann ich sagen, unsere kindergartenfreie Zeit hat uns immer wieder in die Zeit des Wochenbettes zurück versetzt. Noch nie zuvor in meinem Leben habe ich mich so glücklich und zugleich verzweifelt gefühlt wie in den ersten Wochen nach der Geburt…bis zu dem Moment in dem es hieß, der Kindergarten hat ab sofort und bis auf weiteres für uns geschlossen.
Na gut, zugegeben, in diesem Moment konnte ich noch nicht himmelhoch jauchzen, denn es gab so einiges zu durchdenken und zu organisieren. Doch die Tage, die daraufhin folgten, waren rückblickend wirklich sehr schön. Vor allem weil uns, wie so vielen anderen, die plötzlich fehlenden sozialen Verpflichtungen, das Ausbleiben einiger der täglichen To Do’s und der Ausfall unzähliger Fixtermine, viel Ruhe und Entspannung brachten. 

Mit dem Lockdown begann jedoch auch mein täglicher Kampf um zwei Minuten Ruhe. 

Der Zwiespalt zwischen kurz mal alleine aufs Klo springen und einen Verzweiflungs-Wut-Trotz-Hurrikan beim Kind auszulösen oder eine feierliche Einladung mich zu begleiten auszusprechen um den Haussegen gerade zu halten, gehörte von nun an wieder zu meinem täglichen Kampf. In der Regel fand ich mich, egal wie ich mich entschied, letztendlich singend und tanzend auf der Klobrille wieder. Vor mir ein (wenn nicht angekündigt, die Krokodilstränen wegwischendes Kleinkind), das strahlend am Töpfchen den Takt mit wippte.

Wir fuhren also unsere Achterbahn der Gefühle wie sonst auch, doch ab sofort in einem rasanten Tempo trotz entschleunigtem Alltag, weiter. Während die Fernsehminuten und Milchfläschchen von Tag zu Tag mehr wurden, wurde meine Identität als Working-Mum und Power-Frau immer weniger. Ich genoss meinen Ausflug in die Welt einer Vollzeitmami. Wir bastelten, spielten und haushalteten gemeinsam,  stets dicht beieinander und im gegenseitigen Einverständnis…naja, nicht ganz… 
Die Schattenseiten der Rundumbetreuung eines Kleinkindes, wie die zeitweise Selbstaufgabe, das Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse und die Vernachlässigung des eigenen Erscheinungsbildes, fühlten sich in den ersten Wochen okay an, bewirkten bei mir in den darauffolgenden Wochen leichte Unruhezustände und gipfelten letztendlich in einem sehr zarten Nervenkostüm. Und wir hatten nur ein Kind zu Hause. Wie geht es wohl Familien mit zwei, drei oder mehr Kindern, die 24/7 um die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern buhlen?

Ja, es war alles in allem eine unglaubliche Zeit…in jeglicher Hinsicht.

Doch jetzt einmal ganz ehrlich, rückblickend kann ich sagen, ich möchte unsere kindergartenfreie Zeit auf keinen Fall missen. Einmal abgesehen von der wiederkehrenden Erfahrung meiner Tochter, dass Mama und Papa nicht immer singend, tanzend und lustig den Tag rocken, war es vor allem der kalte Entzug sozialer Kontakte, der, zuerst mich und nach einigen Wochen auch den Rest unseres Clans, sehr schwer traf. Ich verbringe sehr gerne viel Zeit mit meiner Tochter, ich kann auch gut ab und zu auf meine Arbeit, die ich nebenbemerkt sehr liebe, verzichten oder sie in die Abend- und Nachtstunden verschieben, aber das alles zu tun ohne auch nur einmal in der Woche andere  Menschen zu sehen, war eine wahnsinnige Herausforderung für mich.

Seit heute früh, sind wir zurück in der Zukunft 

…und es fühlt sich einfach richtig an.
Wir haben den Kindergarten vermisst…jeder von uns auf seine eigene Art und Weise.
Die Angst vor einer zweiten Welle bleibt. Die Sehnsucht nach Tagen an denen die Zeit still zu stehen scheint, ebenfalls. Doch für drei Stunden pro Tag, eigenmächtig und ohne auch nur einen weiteren Gedanken darauf zu verschwenden, aufs Klo gehen zu können, in aller Ruhe einen (noch heißen !!) Kaffee zu trinken oder für ein paar Minuten einfach nur die Stille zu genießen…ja, das alles hat eindeutig auch etwas für sich.

Ich freue mich, dass unser Alltag, nach der kindergartenfreien Zeit, an manchen Tagen wieder einem geregelten und somit vorhersehbaren Ablauf folgt. Mein Wunsch ist es, ab sofort, das Schöne, Wohltuende und Großartige aus beiden Welten miteinander zu kombinieren. Mal sehen, wie uns das gelingt…