„Nein, ich will nicht in die Badewanne! Ich mag nicht Haare waschen. Du sollst. Lass mich. Hilf mir“ schallt es durch die Wohnung. Sobald dein Kind sein natürliches Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Autonomie entfaltet, können vor allem To Do‘s die nur für Mama und Papa wichtig sind, nicht jedoch für das Kind, wie Zähne putzen, Haare waschen oder auch Wickeln zu einer großen Herausforderung werden.

Denn die positive Wirkung dieser Maßnahmen erschließt sich einem Kind noch nicht. Die Frage nach dem Warum, kann sogar die geduldigste Mama und den liebevollsten Papa manchmal ins Schleudern bringen. Denn um zu begreifen, dass es wichtig ist sich zu waschen und zu pflegen, muss man die Fähigkeit besitzen in die Zukunft zu blicken. Die Folgen mangelnder Hygiene zeigen sich zumeist erst nach einigen Tagen, bzw. teilweise sogar erst nach Monaten oder Jahren. Die Beweggründe der Eltern sind dadurch für Kinder nur schwer nachvollziehbar.

Wenn du dich immer wieder vor dem Duschen, beim Waschen und Zähneputzen diskutierend und verzweifelnd mit deinem Nachwuchs wiederfindest, können dir folgende Tipps helfen…

Hilf mir indem du mir nicht hilfst

„Lass mich, ich kann das alleine.“ Mit diesen Worten fordern Kinder ihr Recht auf Autonomie ein. Wir Erwachsene neigen dazu, oftmals unbewusst, den Handlungen unserer Kinder vorzugreifen. Dadurch, dass wir ihnen ungefragt helfen, nehmen wir ihnen wichtige Erfahrungen vorweg. Dies verhält sich Ähnlich bei Entscheidungen. Kinder streben nach Selbstwirksamkeit und wollen eigene Entscheidungen treffen. Aus diesem Grund sind sie teilweise nur aus Prinzip gegen Mamas und Papas Vorschlag. 
Auch wenn tobende, kleine Individuen manchmal sehr anstrengend sein können, ist ihr vehementes Auftreten oftmals der einzige Weg um sich Gehör und den nötigen Freiraum zu verschaffen, den sie benötigen um ihre eigenen Erfahrungen machen zu können. Mache dir bewusst, dass dein Kind vieles bereits selbstständig bewerkstelligen kann. Was es noch nicht alleine schafft, kann es nur erlernen indem es Zeit und Muße darin investiert um es immer wieder zu versuchen.

Hilf mir, es selbst zu schaffen

Biete deinem Kind deine Unterstützung an. Wenn du ihm sagst, dass es etwas nicht kann, füge unbedingt ein „noch“ ein. Dieses Wort mag für dich ein kleines sein, für dein Kind jedoch macht es einen großen Unterschied hinsichtlich deiner ehrlichen Unterstützung und deines Vertrauens in sein Können. Lass deinem Kind den nötigen Freiraum um selbst auf dich und deine Hilfe zurück kommen zu können. Indem du deinem Kind stets das Angebot machst ihm einen möglichen Weg zum gewünschten Ziel zu zeigen, kannst du es in die Selbstverantwortung bringen. Damit schaffst du gleichzeitig Sicherheit und Autonomie im Hier und Jetzt, sowie eine wunderbare Basis fürs spätere Leben deines Kindes. Wann immer es, auch als Jugendlicher oder Erwachsener Unterstützung benötigt, werden ihm deine Worte in den Sinn kommen. Um Hilfe anzusuchen ist nicht für jeden Menschen selbstverständlich, stellt jedoch eine wichtige Ressource vor allem in Krisenzeiten dar.

Hilf mir, indem du mir Zeit und Raum gibst

Hast du schon einmal versucht in kurzer Zeit eine neue Sprache zu erlernen oder dich unter Druck an ein neues Projekt heranzuwagen? In der Regel benötigen wir viel Zeit, Raum und Muße um Neues zu erlernen und auszuprobieren. Kinder lernen in kurzer Zeit immens viel. Indem du deinem Kind die notwendige Ruhe und ein geeignetes Umfeld zur Verfügung stellst, kannst du es optimal bei seinen Erfahrungen unterstützen. Druck erzeugt in der Regel Gegendruck. Vor allem bei unliebsamen Tätigkeiten kann ein Einengen und Lenken von außen pures Gift sein und das genaue Gegenteil von dem was du dir wünschst bewirken. Eine vorbereitete Umgebung und eine liebevolle, jedoch zurückhaltende Begleitung geben den erforderlichen Raum für neue Erfahrungen.

Hilf mir, indem du mir die Welt erklärst

Kleinkinder sind besonders wissbegierig. Sie wollen in der Regel alles was in ihrem nahen Lebensumfeld geschieht ganz genau erfahren und verstehen. Nütze die kindliche Neugierde und begib dich auf die Suche nach Antworten die auch dein Kind verstehen kann. Sachbücher, Handpuppen und spannende Geschichten können dir dabei ein guter Berater sein. Werde kreativ und denke praktisch, wenn es darum geht deinem Kind die Hintergründe deiner Bestrebungen, die Zähne zu putzen oder die Haare zu waschen, zu erklären. Eine gemeinsame Wissensreise kann auch dir neue Informationen liefern und Freude bereiten.
Bedenke bei der Auswahl der unterstützenden Materialien immer den Entwicklungsstand deines Kindes. Es ist eine spannende Reise gemeinsam mit Kindern die Welt zu erobern und verstehen zu lernen wie diese funktioniert. Auf diesem Weg kannst auch du teils veraltete, teils längst wiederlegte Vorstellungen über die Zusammenhänge der Welt über Bord werfen und mit deinem Kind wachsen.

Hilf mir, indem du dich in meine Lage versetzt

Vor allem bei pflegerischen Tätigkeiten überschreiten Eltern teilweise, wenn auch zumeist vollkommen unbewusst, kindliche Grenzen. Beim Wickeln im Liegen, beim Zähne geputzt bekommen und beim Wasser über den Kopf geschüttet bekommen, werden Kinder teilweise in eine Position gebracht, in der sie sich nicht wohl fühlen. Indem du dich in die Lage deines Kindes versetzt, kannst du besser nachempfinden wie es deinem Kind dabei geht. Frage nach wie es die Situation erlebt und was ihm gerade helfen würde, den Vorgang angenehmer zu gestalten. Ein Waschlappen über den Augen, während Mama einem die Haare wäscht oder Windel wechseln im stehen, kann ein wichtiger Schritt in Richtung Kooperation bedeuten.

Kinder richten sich im Grunde ihres Herzens niemals gegen Mama und Papa, sie fordern nur ihr Recht auf Autonomie und Selbstbestimmung ein, erproben ihre Sozialkompetenz und zeigen ihre persönlichen Grenzen auf.