Kinder werden von Tag zu Tag größer und selbstständiger. Im ersten Lebensjahr müssen wir Eltern noch fast alles für unser Kind übernehmen. Vor allem die Grundbedürfnisse eines Babys wollen von Geburt an gestillt werden. Mit zunehmendem Alter wird ein Kind motorisch geschickter und kognitiv differenzierter, um die Tätigkeiten des alltäglichen Lebens nach und nach selbst zu bewerkstelligen.

Erwirbt ein Kind eine neue Fähigkeit, ist es in den Tagen und teilweise sogar Wochen danach damit beschäftigt diese zu üben um sie zu perfektionieren. Fühlt es sich irgendwann sicher dabei, kann es sein, dass es plötzlich wieder von Mama oder Papa Unterstützung einfordert. Die Eltern sind dann oftmals verwirrt und vielleicht sogar zeitweise genervt vom Verhalten des Kindes. „Das kannst du doch schon alleine, du bist jetzt ein großes Mädchen“ oder „Also große Buben wie du, schaffen das ganz alleine“ oder „Ich weiß, dass du das kannst, du hast es doch jetzt immer selbst gemacht“ hört man viele Eltern dann sagen. Trotzdem dein Kind nun vieles schon alleine kann, wünscht es sich immer wieder, dass du es machst.
Vor allem wenn jüngere Geschwister im gemeinsamen Haushalt leben oder Babys im nahen Umfeld zur Welt kommen, erscheint einem das ältere Kind gleich noch viel älter. In Folge werden die Erwartungen an dieses oftmals hochgeschraubt. Viele „große“ Mädchen und Buben werden jedoch gerade dann wieder zu Babys, wollen gefüttert, getragen und angezogen werden.

Es ist schön, sein Kind dabei zu beobachten wie es heranwächst und immer selbstständiger wird. Du solltest ihm jedoch trotzdem ab und zu zugestehen Dinge die es bereits alleine kann an dich abzugeben. Tut es uns nicht allen gut, ein wenig verwöhnt zu werden. Die Angst vieler Eltern, ihr Kind zu sehr zu verwöhnen ist vor allem im deutschen Sprachraum weit verbreitet. Vielleicht möchtest du dir jedoch einen kurzen Moment Zeit nehmen und überlegen wie es deinem Kind dabei geht, wenn es immer alles alleine machen soll. Die Betonung liegt hierbei auf „soll“, denn solange es „darf“, will es dies in der Regel auch. Ein Perspektivenwechsel kann einem dabei manchmal die Augen öffnen. Du kannst dir dein Glas Wasser selbst einschenken und schaffst es vermutlich auch ganz gut deine Füsse selbst zu massieren. Aber wie schön ist es wenn dein Partner dir ein Getränk bringt und dir auch noch die Füsse massiert? Nur weil er dies einmal in der Zeit für dich tut, wirst du es nicht ab sofort täglich von ihm verlangen, oder etwa doch… der arme Kerl 😉
Aber Scherz bei Seite, deinem Kind geht es ähnlich. Vielleicht kann es sich von Montag bis Donnerstag ganz gut die Schuhe selbst anziehen und freut sich wenn du es am Freitag übernimmst.

Kinder brauchen vermutlich mehr Zuspruch und Lob wenn sie etwas selbstständig machen sollen und auch tun. Womöglich ist bei manchen Kindern auch ganz hilfreich zu erwähnen, dass es eine Ausnahme ist wenn man in diesem Moment etwas für es übernimmt, was es bereits kann. In der Regel ist es jedoch nicht notwendig ein riesen Thema daraus zu machen. Wenn du dein Kind aufmerksam und liebevoll beobachtest, kannst du seinen Bedürfnissen nachkommen noch bevor es darum bitten muss. „Ich hab das Gefühl heute bist du noch etwas müde, möchtest du, dass ich deinen Rucksack trage?“ könnte dann dein Angebot lauten.

Die Angst, dein Kind dadurch zu sehr zu verwöhnen, soll nicht die wunderschönen Momente verhindern in denen du ihm etwas Gutes tun kannst. Kinder die von feinfühligen, bedürfnisorientierten und liebevollen Eltern begleitet werden, wachsen zu Erwachsenen heran die ihre Freunde, Partner, Kinder und eben auch ihre in die Jahre gekommenen Eltern auf dieselbe Art und Weise behandeln. Und was wäre das nur für eine Welt, in der Jeder Jedem etwas Gutes tut.